Der "International Day of Women and Girls in Science" im Jahr 2021
Die Sache mit dem Geschlecht
Seit sich diese eine Gewinner-Samenzelle durchgesetzt hat, ist es klar: Ich bin eine Frau. Erstmal ist das ziemlich unwesentlich – im Bauch der Mutter macht das wenig Unterschied. Doch sind wir einmal draußen, in der „echten“ Welt, beginnt die Geschichte mit dem Geschlecht. Wir können uns noch so sehr dagegen wehren, die geschlechterspezifischen Vorurteile werden uns heimsuchen. Babymädchen bekommen Prinzessinnenschnuller und Babybuben bekommen Traktorschnuller. Wenn Klein-Rosi weint, wird sie getröstet. Wenn Klein-Hansi weint, wird verkündet, dass echte Männer keinen Schmerz kennen. So geht das Ganze dann weiter, bis aus kleinen Mädchen massentaugliche Frauen und aus kleinen Buben massentaugliche Männer geworden sind. Früher oder später geht es dann in die Berufswahl. Nirgendwo sonst merkt man die Klischees so sehr, wie in den „typischen“ Berufen. Ein kleines Gedankenspiel: Mauerer – männlich, vorzugsweise mit langem Bart. Friseur – weiblich, mit langen bunten Fingernägeln. Manager – männlich, mit Anzug und Krawatte. Kindergartenpädagoge – weiblich mit Sabberflecken am Gewand.
Aber doch nicht 2021
Jetzt schreit deine innere Stimme sicherlich bereits lauthals: „Nein! Das war früher so, aber heute sicher nicht mehr!“. Aber sind wir mal ganz ehrlich: Die Klischees der oben genannten Berufsgruppen stimmen schon ein bisschen. Wenigstens setzen mittlerweile die meisten Bildungseinrichtungen auf ausgewogene Berufsorientierung und die Gesellschaft auf geschlechterneutrale Sprache. Aber, wie ein Mann, den ich sehr bewundere, einmal sagte: „Rassismus findet nicht in der Sprache statt, Rassismus findet in Kopf und Herz statt.“ Genauso verhält es sich leider auch mit geschlechterspezifischen Klischees.
Warum dieses Tamtam um Frauen?
Jahrehunderte lag wurden Frauen unterdrückt, durften nicht wählen und es war klar, dass sie zuhause bleiben. Vor noch nicht allzu langer Zeit im Jahr 1975 der Befreiungsschlag: Die Familienrechtsreform in Österreich stellt Frauen und Männer rechtlich gleich. Frauen dürfen ohne Zustimmung des Mannes arbeiten, über den Wohnsitz mitentscheiden und den Familiennamen wählen. Ich bin jeden Tag aufs Neue dankbar, in der heutigen Zeit leben zu dürfen – auch wenn noch bei weitem nicht alles perfekt ist. Würde das Anpassen der Sprache tatsächlich die Klischees vernichten, gäbe es rein statistisch gesehen in jedem Berufsfeld ungefähr gleich viele Männer wie Frauen. Denn Interessen haben mit dem Geschlecht nichts zu tun. Offensichtlich hängen aber die Klischees und Vorurteile, was Mann oder Frau zu tun hat, doch noch tiefer in den Abgründen unseres Unterbewusstseins fest. Ich behaupte von mir, keine Vorurteile bezüglich Geschlechterrollen zu haben. Das ist ja auch leicht, immerhin studiere ich an der Montanuniversität und bin eine Frau. Aber haltet euch fest: Bei der Berufsbezeichnung „CAD-Konstrukteur“ denke ich nicht als erstes an eine Frau. Obwohl ich bereits selbst in dem Bereich gearbeitet habe. Ups, falsche Selbsteinschätzung. Damit geht es sicher nicht nur mir so...
Es gibt mehrere Punkte, warum dieser mediale Aufwand in erster Linie Frauen und Technik betrifft. Einerseits müssen sich seit Beginn der Gleichberechtigungsbewegung die Frauen immer noch stärker durchsetzen. Außerdem verdienen im Durchschnitt die Frauen immer noch weniger als Männer – was ihrer typischen Berufswahl geschuldet ist. Das passt mit dem Gleichberechtigungsansatz nicht zusammen. Andererseits geht man vermutlich davon aus, dass der (Achtung, Vorurteil!) starke, selbstbewusste Mann sich schon für den Beruf des Kindergartenpädagogen entscheidet, wenn er das möchte. Diese Doppelmoral ist für mich einerseits sehr verständlich, andererseits einfach nicht fair. Daher beziehe ich mich in größten Teilen dieses Artikels immer auf geschlechteruntypische Berufe – egal welches Geschlecht.
Technik und Frauen
Dass Frauen in Wissenschaft und Technik brillieren können, beweisen unter anderem die Nobelpreisträgerinnen Marie Curie, Maria Goeppert-Mayer, Donna Strickland und viele mehr. Wir brauchen uns hinter den Männern auf keinen Fall zu verstecken. Ich bin mir sicher, dass das allen Mädchen und Frauen auch klar ist.
Es gibt Förderungsprogramme für Frauen in der Technik, die Jobsuche sollte sich – bei ausreichender Qualifikation – also nicht allzu schwer gestalten. Das Gehalt ist ebenso ein großer Pluspunkt wie die (Gleit-) Arbeitszeiten im Vergleich zu „typischen Frauenberufen“. Vorteile, die man seit Jahren versucht, den Mädchen schmackhaft zu machen.
Warum ist es so wichtig, dass Mädchen sich für technische Berufe entscheiden? Wenn man sich Mädchen und Buben im Kindergartenalter ansieht, merkt man recht bald, dass man nichts merkt. Keine Präferenz der Buben für die Bauecke, keine Mehrzahl der Mädchen in der Puppenküche. Jeder oder jede macht das, worauf er oder sie gerade Lust hat. Würde diese Interessensverteilung weiterhin geschlechtsneutral bestehen, müsste es keine „Frauenquote“ geben. Ich habe oft bemerkt, dass das Arbeitsklima in einem geschlechtergemischten Verhältnis wesentlich angenehmer ist. Frauenquote, Gleichberechtigung, Arbeitsklima – Gründe für Arbeitgeber eine annähernd gleiche Verteilung der Geschlechter zu erreichen.
Meine Erfahrungen als Frau in der Technik
Ich hatte das große Glück in einem Umfeld aufzuwachsen, in dem das Geschlecht immer nachrangig war. Das erlaubte mir, meine Interessen kennenzulernen und zu vertiefen. Daher war es für mich auch nie eine Frage des Geschlechts, ob ich nach der Matura an der BAKiP Montanmaschinenbau studieren sollte oder nicht. Es war allein eine Frage meiner Interessen. Ein Punkt, dem ich jeden ans Herz legen möchte: Wenn du etwas gerne machst, bist du gut darin. Egal ob du dich weiblich, männlich oder divers fühlst. Und erst recht egal, was die Cousine von Nachbars Bruder von dir hält.
Im Laufe meines Studiums kamen schon einmal Aussagen wie „Haha, was machst du als Kindergartentante an der Montanuni?“ oder „Das schaffst du sowieso nicht“. Das tut zwar weh, ändert aber meine Interessen nicht. Häufigere Reaktionen aber waren: „Was? Du studierst an der Montanuniversität? Das ist ja richtig toll!“ oder „Ich finde das bemerkenswert, dass du das studierst“. Das motiviert mich jedes Mal, ändert aber an meinen Interessen auch nichts. Ich liebe und lebe die Technik. Seit meiner Entscheidung, Montanmaschinenbau zu studieren, habe ich das kein einziges Mal bereut. Ich genieße es jeden Tag, etwas machen zu dürfen, was mir Spaß macht.
Eine kleine Anregung für alle, die sich unsicher fühlen, weil sie nicht „alleine unter Männern“ studieren wollen: Du bist nicht allein! An der Montanuniversität ist die Frauenquote mit rund 25 Prozent vergleichsweise hoch und du findest garantiert weibliche Freunde, wenn du das möchtest.
Ich merke, dass ich mit meiner Geschichte junge Mädchen ermutigen kann, ihrer Leidenschaft zu folgen und sich ein technisches Studium zuzutrauen. Im Studium spielt es keine Rolle, ob weiblich oder männlich – jeder wird hier gleichbehandelt. In jedem einzelnen meiner Sommerpraktika bekam ich das Angebot, ein weiteres Mal gerne kommen zu dürfen – weil ich gut war und weil die Ausbildung an der Montanuniversität wirklich top ist. Nicht weil ich eine Frau bin.
11. Februar – Ja zu MINT, oder lieber nicht?
Am 11. Februar ist der "International Day of Women and Girls in Science". Dieser Tag soll uns daran erinnern, wie viele Menschen wir mit Vorurteilen und Klischees in eine Ecke zwingen, in der sie nicht sein sollen und wollen. Ich empfinde es als Fluch und einen Segen zugleich, dass es diesen Tag und die Bewegung „Frauen in die Technik“ gibt. Schrecklich, weil es im Jahr 2021 kein Thema mehr sein darf, dass sich Mädchen und Frauen MINT-Themen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) nicht zutrauen! Ein Segen, weil so jeder noch einmal gezwungen wird, die eigenen Vorurteile und Klischees zu überdenken.
Abschließend folgt hier die Checkliste, auf die du den ganzen Artikel lang gewartet hast: Gehörst du in die Technik, in Führungsebenen und "an die Macht"?
(Ein Hinweis: Achte besonders auf die geschlechterspezifischen Fragen.)
- Wenn du an MINT-Fächer und/oder leitende Funktionen (wahlweise auch an Macht) denkst, stellt es dir alle Haare auf (aber nicht vor Freude) und du bekommst ein mulmiges Gefühl im Bauch (keine Schmetterlinge – eher so verdorbenes Essen)?
⇒ MINT-Fächer sind wohl nichts für dich. Aber das ist okay, versuche deine Leidenschaft woanders zu finden.
- Wenn du an MINT-Fächer und/oder leitende Funktionen (wahlweise auch an Macht) denkst, schwappt eine Welle an Begeisterung einmal quer durch deinen ganzen Kopf (wahlweise auch über den Körper).
⇒ JACKPOT! Die Montanuniversität braucht dich und du brauchst sie. Inskribiere am besten noch heute.