Mit Meerwasser Abgase reinigen

Am heutigen Weltwassertag steht das Element „Wasser“ im Mittelpunkt – in unserem Fall Meerwasser. Die wenigsten von uns wissen, dass Meerwasser dazu verwendet wird, Abgase von Schiffen vor Ort zu entschwefeln. Warum das gemacht werden muss und wie man dieses Verfahren verbessern kann, darüber haben wir mit Frau Dr. Verena Wolf-Zöllner gesprochen.

Schon seit den 80er Jahren müssen Abgase an Land entschwefelt werden – Stichwort „Saurer Regen“! Lange hat man dabei auf die unwahrscheinlich großen Mengen an Abgasen im Schiffsverkehr „vergessen“. Seit 2020 – mit einer Übergangsfrist bis 2025 – müssen auch Schiffe ihre Abgase entschwefeln. Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten: Entweder man verwendet entschwefeltes Schweröl – das ist allerdings sehr teuer, oder man verwendet eine Entschwefelungsanlage direkt auf dem Schiff, um das entstehende Abgas zu reinigen. Ein Forschungsteam vom Lehrstuhl für Verfahrenstechnik des industriellen Umweltschutzes unter Leitung von Dr. Verena Wolf-Zöllner arbeitet an der Optimierung derartiger Abgasentschwefelungsanlagen.

„Dass Schwefeldioxid mit Hilfe von Meerwasser aus Abgasen abgetrennt und anschließend durch eine Oxidationsanlage als ungefährliches und im Meer bereits natürlich enthaltenes Sulfat ins Meer gespült wird, ist nicht neu und wird bereits viele Jahre bei küstennahen Betrieben angewandt. Wir haben uns speziell mit den sogenannten Kolonnenpackungen beschäftigt, die diesen Vorgang effizienter machen sollen“, erklärt Wolf-Zöllner.

„Wir haben mit unseren Partnern sogenannte Packungen – also praktisch Füllmaterial für die Kolonnen (das sind zylinderförmige Behälter, die auf den Schiffen untergebracht werden) – entwickelt, die aus Metall bestehen und eine optimale Geometrie besitzen, so dass die Kontaktfläche zwischen Meerwasser und Abgas groß ist und dadurch Schwefeldioxid platzsparend und effizient abgeschieden werden kann“, erläutert die Forscherin. Bei der optimalen Geometrie muss man nicht nur darauf achten eine große Oberfläche zur Verfügung zu stellen um genug Kontaktfläche zwischen Gas und Flüssigkeit zu gewährleisten, sondern es ist vor allem wichtig, dass die Triebkraft direkt an der Phasengrenzfläche (Kontaktfläche zwischen Gas und Flüssigkeit) hoch ist, was man durch eine häufige Erneuerung der Phasengrenzfläche erreichen kann. Parallel dazu muss aber auch der Druckverlust der Kolonnenpackung niedrig gehalten werden damit die Betriebskosten und der Energieaufwand überschaubar bleiben. Zusätzlich muss gewährleistet werden, dass die entwickelte Packung die vorgegebenen Volumenströme bewältigen kann.

Um diese Aufgabe bewerkstelligen zu können wurden Versuche an Packungskolonnen im Pilotmaßstab aber auch im Labor durchgeführt. Ein wichtiger Teil des Projektes waren zusätzliche Simulationen, wie diese Packungen geometrisch aufgebaut sein sollen und wie sie als Schüttmaterial in die Kolonnen gefüllt werden. „Schlussendlich wollen die Schiffsbetreiber möglichst wenig Platz dafür hergeben, den sie sonst für Waren oder Passagiere nutzen können“, betont Wolf-Zöllner. Mittlerweile sind die entwickelten Füllkörper bereits auf hoher See unterwegs und helfen dabei mit der Kraft des Meerwassers den Schwefelausstoß in die Atmosphäre zu reduzieren.

Rechts: Schüttsimulationen mit dem Füllkörper-Prototyp [Quelle: Prozess Optimal Cap GmbH] Links: Entwickelter Füllkörper in Kolonne verbaut [Quelle: RVT Process Equipment GmbH]


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