Was Salz kann – Einblicke und Ausblicke im Gespräch mit Helmut Flachberger
Salzbergbau: Der rote Faden durch Österreichs Geschichte
Der Salzbergbau hat schon seit jeher die Geschichte Österreichs geprägt. Bereits Kelten und später Römer bauten Salz ab. Vor 3.000 Jahren begann man in Hallstatt Salz bergmännisch abzubauen. Mit dem Beginn des industriellen Salzbergbaus musste für das Verdampfen des Wassers in der geförderten Sole viel Energie in Form von Holzöfen eingebracht werden. Ende des 16. Jahrhunderts reichten jedoch die Holzressourcen im inneren Salzkammergut nicht mehr aus, um die gesamte Sole im Hallstätter Pfannhaus zu versieden. Aus diesem Grund wurde die älteste aktive Industrie-Pipeline der Welt gebaut: Die Soleleitung Hallstatt – Bad Ischl – Ebensee. Noch heute gilt sie als UNESCO-Weltkulturerbe. Die überschüssige Sole konnte damit in den Pfannhäusern in Bad Ischl und Ebensee aufbereitet werden. Die Sole selbst wird heute über Sinkwerke im nassen, untertägigen Bergbau gewonnen. Dabei wird Süßwasser in einen Steinsalz führenden, gehauenen Hohlraum gefüllt, Salz wird aus dem Gestein ausgelaugt und es formt mit dem Wasser Sole.
Salzbergwerk Altaussee und der Zweite Weltkrieg
Im Salzbergwerk Altaussee wird bis heute Salz abgebaut. Der deutsch-österreichische und zahlreich nominierte Historienfilm „Ein Dorf wehrt sich“ gibt Einblicke in das Leben der Menschen und Arbeiter während der letzten Tage des zweiten Weltkrieges im Salzkammergut und erzählt die Geschichte vom „Berg der Schätze“. So wurde im Salzbergwerk Altaussee Raubkunst für das geplante Führermuseum in Linz eingelagert. Vor der Kapitulation wurde jedoch die Sprengung des Stollens angeordnet, um die Raubkunst nicht in die Hände der Alliierten fallen zu lassen. Diese Sprengung wurde im letzten Moment durch den Gestapo-Chef und heimische Bergarbeiter vereitelt. Die Motive des Gestapo-Chefs hierfür dienten mehr seinem Eigennutz, für die Bergarbeiter jedoch stellte das Stollensystem eine jahrhundertlange Lebensgrundlage dar.
Ob Medizin oder Mobilität – Salz ist ein Held
Auch im 21. Jahrhundert ist das „weiße Gold“ nicht wegzudenken. In den Wintermonaten wird durch den Einsatz von Streusalz die Aufrechterhaltung des Straßenverkehres gewährleistet. Eine Salzlösung bewirkt eine Gefrierpunkt-Erniedrigung, auch bekannt als Taueffekt des Salzes. Das Salz löst die Wassermoleküle, welche im gefrorenen Zustand im festen Kristallgerüst bestehen. Das Eis taut und es entsteht eine Salzlösung, dessen Gefrierpunkt bei wesentlich niedrigeren Temperaturen liegt. Während besonders niederschlagsreichen Wintern reichen oft die Kapazitäten der örtlichen Salzproduktion nicht mehr aus. Deshalb musste bereits Salz beispielsweise aus den Niederlanden importiert werden, um den Bedarf decken zu können.
Gewerbesalz findet als Regeneriersalz zur Wasserenthärtung und Wasseraufbereitung Anwendung. Aktivchlor dient in weiterer Form der Trinkwasseraufbereitung und der Desinfektion von Schwimmbadwasser.
Hochreines Pharmasalz rettet buchstäblich Leben in Form von Dialyselösungen, in der Penicillin-Herstellung, für die Gewinnung von Blutplasma oder als Wirkstoff in verschiedenen medizinischen Produkten.
Salz – Ein Interview mit Univ.-Prof. Dipl-.Ing. Dr.mont. Helmut Flachberger, Professor und Lehrstuhlleiter für Aufbereitung und Veredlung an der Montanuniversität Leoben.
Welche Studienrichtungen der Montanuniversität sehen Sie neben dem Bergbaustudium als relevant, um im Salzbergbau als Montanist*In arbeiten zu können?
Helmut Flachberger: „Neben den beiden Masterstudien „Rohstoffgewinnung und Tunnelbau" (Schwerpunkt: Rohsolegewinnung in Altaussee, Hallstatt und Bad Ischl) und „Rohstoffverarbeitung" (Schwerpunkt: Rohsoleverarbeitung zu Siedesalz in der Saline Ebensee) sehe ich große Potenziale für Absolvent*innen der Masterstudien „Angewandte Geowissenschaften" (z. B. zur Erkundung neuer Lagerstätten), „Verfahrenstechnik des industriellen Umweltschutzes" (z. B. im Anlagenbetrieb der Siedesalzherstellung oder dem Nebenprodukt-Management), „Montanmaschinenbau" (z. B. zur Optimierung des Einsatzes und der Wartung der Maschinen und Anlagen); „Industrielogistik" (z. B. in der Produktions- und Vertriebssteuerung) und „Industrielle Energietechnik" (z. B. in der Energiebereitstellung und -steuerung). Die Salinen Austria GmbH bieten somit gerade für Montanist*innen vielfältige Möglichkeiten der beruflichen Entfaltung.“
Wie hat sich der Salzbergbau heutzutage mit der Digitalisierung an die Veränderungen angepasst?
Helmut Flachberger: „Die gelebte Tradition der Salinisten im Salzkammergut darf nicht zu dem Eindruck verleiten, dass die Salinen Austria GmbH in Sachen Digitalisierung einen Nachholbedarf hätte. Die Salinen Austria wären mit dem Wegfall des Salz-Monopols nach 1995 rasch von der Bildfläche verschwunden, wenn der Paradigmenwechsel vom „Staatsbetrieb" zu einem, in einem heiß umkämpften europäischen Salzmarkt wirkenden, modernen Industrieunternehmen nicht rasch und vollständig umgesetzt worden wäre. Investitionen von deutlich mehr als 100 Millionen Euro in die Modernisierung und den Ausbau der Siedesalz-Kapazitäten auf eine Jahresproduktion von etwa 1,1 Millionen Tonnen legen eindrucksvoll Zeugnis davon ab. Ich bin überzeugt, dass die Salinen Austria diesen Weg konsequent fortsetzen wollen und dass die vielfältigen Möglichkeiten und Chancen, die die Digitalisierung bietet, dabei umfassend genutzt werden.“
Sie haben damals sowohl Diplomarbeit als auch Dissertation am Institut für Aufbereitung und Veredlung in Kooperation mit der Saline verfasst. Welche Themen und Bereiche haben Sie damit abgedeckt beziehungsweise erforscht?
Helmut Flachberger: Als gebürtigen Ischler hat mich das Thema „Salz" immer schon in seinen Bann gezogen und es war sicherlich auch ein Grund, warum es mich im Jahr 1987 nach Leoben an die Montanuniversität Leoben „verschlagen" hat. Wie kein anderes Mineral hat das Salz über die Jahrhunderte einen starken Wandel vom dereinst als göttliche Gabe verehrten, nur spärlich vorhandenen Wertmineral zu einem vielfältig einsetzbaren, höchsten Qualitätsansprüchen unterliegenden, billigen und (mehr oder weniger) unbegrenzt verfügbaren Massenprodukt vollzogen. Aber auch die vielen prozesstechnischen Herausforderungen (Löslichkeit, Korrosion, Energiebedarf, u.v.a.m.) haben zu dieser Faszination beigetragen. Im Rahmen meiner wissenschaftlichen Arbeiten habe ich mich über einige Jahre hinweg schwerpunktmäßig mit den bei der Siedesalzherstellung prozessbedingt unvermeidbar anfallenden Nebenprodukten beschäftigt. Ganz im Sinne des „Zero Waste"-Gedankens wurde als übergeordnetes Ziel der Unternehmensleitung schon damals formuliert, diese Nebenprodukte - den Soleenthärtungsrückstand und die Mutterlauge - möglichst vollständig zu nutzen. Das Salz hat mir auch Glück gebracht, so habe ich mich im Rahmen meines Berufungsvortrages mit physikalischen Methoden der Bergkristallsalzaufbereitung beschäftigt. Damit hat das „Salz" einen Grundstein für meine Berufung zum Professor für Aufbereitung und Veredlung im Jahr 2005 gelegt.
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