Wohin mit Textilien, die niemand mehr braucht…

Gerade nach Weihnachten ergibt sich oft die Gelegenheit, seinen Kleiderkasten auszumisten. Das heißt dann rein in den Sack und ab in den Altkleiderkontainer. Doch was passiert wirklich damit? Und ist das wirklich nachhaltig? Oder landet das einfach auf Deponien oder im Verbrennungsofen. Dipl.-Ing. Uta Jenull vom Departement Kunststofftechnik der Montanuniversität Leoben hat sich im Projekt Tex2Mat mit dem Recycling von Textilabfällen beschäftigt. Für dieses Projekt wurde sie gemeinsam mit elf Partnern mit dem österreichischen Staatspreis für Umwelt- und Energietechnologien ausgezeichnet. Wir haben mit ihr ein Interview geführt.

Frau Jenull, im Herbst wurde das Projekt TEX2MAT mit dem Österreichischen Staatspreis für Umwelt- und Energietechnologien ausgezeichnet. Können Sie uns kurz erklären, worum es in diesem Projekt geht?

Im Kreislaufwirtschaftspaket der EU sind eine große Anzahl von Maßnahmen aufgeführt, mit deren Hilfe die EU in Richtung einer geschlossenen Kreislaufwirtschaft entwickelt werden soll. Unter anderem sind hier die Abfallvermeidungspyramide und das Deponieverbot starke Treiber für Wiederverwendung und Recycling. In Zuge dessen wurde das Projekt „Tex2Mat“ initiiert, um erste Ansätze für das Recycling von Textilien aus Mischgewebe zu entwickeln. In dem Projekt gab es prinzipiell zwei Schienen, eine Schiene war das Recycling von industriellen Textilien aus einem Gemisch aus verschiedenen Polyamiden, die zweite das Aufbereiten und Recyceln von Mischgeweben aus Baumwolle und Polyester (PET). Diese zweite Schiene umfasste den enzymatischen Abbau der Baumwolle und die Rückgewinnung des PET, das wieder zu Fasern versponnen wurde, das gefertigte Garn wurde anschließend zu Handtüchern verwoben.

 

Das heißt, es wurde Nutzwäsche (z. B. Bettwäsche, Frotteewäsche) so aufbereitet, dass damit wieder neue Produkte wie z. B. Handtücher gefertigt wurden?

Richtig. Das Ziel des Projektes war, den Kreislauf wirklich vollständig zu schließen, sodass das Material wieder für den ursprünglichen Einsatzzweck eingesetzt werden konnte. Bisher war der Stand der Technik so, dass das nicht möglich war. Die Handtücher wurden bei einem unserer Projektpartner gewebt.

 

Wie kann man sich diesen Prozess der „Enzymatischen Trennung“ als Laie vorstellen?

Enzyme sind große Moleküle, meistens Proteine, die unterschiedlichste Funktionen und Wirkungen haben. Für dieses Projekt entwickelten die Universität für Bodenkultur Wien und die TU Wien eine Kombination verschiedener Enzyme, die gezielt die Baumwollfasern angreifen und abbauen. Die PET- Fasern bleiben dabei erhalten. Baumwolle besteht hauptsächlich aus Zellulose, die beim enzymatischen Prozesse zu Glukose abgebaut wird. Die Glukoselösung wird von den PET- Fasern getrennt. Mittlerweile wurden von der TU Wien und der Boku weitere Versuche zur Verwendung dieser Glukoselösung durchgeführt.

 

Glauben Sie, dass man dieses Verfahren auch für andere Textilfasern verwenden kann z. B. dass man aus Bettwäschefasern T-Shirts machen kann?

Theoretisch ja. Es muss gewährleistet sein, dass das Material in einem ausreichenden Reinheitsgrad und in einem bestimmten Viskositätsbereich liegt, der für das Spinnen von entsprechend feinen Fasern erforderlich ist.

 

Werden Sie auch in Zukunft in diesem Bereich weiterforschen?

Ja. Das Recycling von Fasern aus Textilien ist ein ausgesprochen wichtiger Bereich. Es fallen sehr große Mengen an, für die Lösungen erarbeitet werden müssen. Wir sind weiterhin mit verschiedenen Universitäten und Unternehmen in Kontakt, um neue Projekte zu initiieren.

 

Zur Person:
Jenull studierte Kunststofftechnik an der Montanuniversität Leoben, das sie 1998 abschloss.
Das Projekt Tex2Mat wurde mit zahlreichen Preisen, wie dem Clusterland Award oder dem Global Energy Award ausgezeichnet.
Privat verbringt die Kunststofftechnikerin ihre Freizeit am liebsten mit Klettern und Wandern.

 

Weitere Informationen zum Projekt findet man auch unter:

https://www.unileoben.ac.at/news/staatspreis-fuer-projekt-zum-recycling-von-textilabfaellen


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