Der Weltklimarat geht in seinem Bericht von 2014 davon aus, dass wir in 80 Jahren noch mehr als 50 Prozent an fossilen Energieträgern benötigen, um unseren weltweiten Energiebedarf abzudecken. „Noch eine sehr lange Zeit“, unterstreicht Univ.-Prof. Dr. Holger Ott, Leiter des Lehrstuhls für Reservoir Engineering. Er und sein Team beschäftigen sich daher mit den unmittelbaren Möglichkeiten, die Gewinnung von fossilen Energieträgern nachhaltiger zu gestalten.
Kann Erdöl grüner werden?
Erschöpfte Lagerstätten nutzen
Oft werden Erdöllagerstätten als erschöpft bezeichnet, obwohl noch 50 Prozent des Öls im Reservoir vorhanden sind. „Wir arbeiten daran, dass dieses brachliegende Potenzial mit umweltverträglichen Methoden genutzt werden kann“, erklärt Ott. Eine Möglichkeit ist, das Reservoir mit Wasser zu fluten um Öl zu verdrängen und zu fördern. Dazu kann die chemische Zusammensetzung des Injektionswassers verändert werden, um das im Gestein gebundene Öl zu mobilisieren. Das wird dann natürlich auch eine ökonomische Frage: Wie teuer darf ein Barrel Rohöl sein? Schlussendlich ist die Frage nach dem Ölpreis oft eine politische und weniger eine technische.
Dekarbonisierung
Die Verbrennung von Öl und Gas sei eigentlich eine Verschwendung. „Wenn wir aber schon Öl und Gas verbrennen, ist es besser,“ meint der Wissenschaftler, „dass diese fossilen Energieträger in einem Kraftwerk verbrannt werden.“ So kann das entstandene CO2 abgeschieden werden und zum Beispiel in erschöpften Lagerstätten gelagert bzw. für spätere Zwecke gespeichert werden. Diese Methode nennt man CO2-Sequestration. Mithilfe dieser Methode könne sogar ein negativer CO2-Fußabdruck erzeugt werden: Wenn z. B. Biomasse verbrannt wird und das dabei entstandene Kohlendioxid in ein Reservoir injiziert wird, kann CO2 aktiv aus der Atmosphäre genommen und wieder in den geologischen Kreislauf zurückgeführt werden.
Speicherung mittels Wasserstoff
Das Forscherteam beschäftigt sich auch mit der Speicherung erneuerbarer Energie mittels Wasserstoff. Dabei wird CO2 mit Wasserstoff in Reservoirs eingepresst und mithilfe von Mikroorganismen im Untergrund in Methan umgewandelt – dadurch entsteht sogenanntes erneuerbares Erdgas. Um diese Technologie in die Anwendung zu führen, sind jedoch noch einige Entwicklungsschritte zu bewältigen, an denen der Lehrstuhl arbeitet.
Reservoirs finden
All diese Methoden nutzen jedoch nichts, wenn man nicht die geeigneten Reservoirs dafür findet. „An meinem Lehrstuhl haben wir uns darauf spezialisiert, geeignete Lagerstätten zu identifizieren“, betont Ott. So versucht man, poröse Gesteinsstrukturen mittels Computertomografie abzubilden und an den digitalisierten Strukturen Strömungssimulationen durchzuführen. So kann man vorhersagen, welche Lagerstätten geeignet sind und wie sie möglichst effektiv genutzt werden können. Das Berufsbild wandelt sich: Erdölingenieurinnen und Ingenieure haben vielfältige neue Aufgabenstellungen zu bewältigen und leisten damit ihren Beitrag zum Klimaschutz.