StudyVIEWS_Petroleum Engineering: Mit Volldampf voraus

In den Medien und unserer Gesellschaft hat das "schwarze Gold" an Glanz und Glamour eingebüßt. Zu Unrecht. Denn Petroleum Engineering (PE) ist heute so viel mehr, als nur die Aufsuche und Förderung von fossilen Energieträgern. Laut Studiengangsleiter Univ.-Prof. Holger Ott haben PE-Studierende "das Potenzial, die Welt zu retten", haben sie doch die Chance, an der Bewältigung einer größten gesellschaftlichen Herausforderungen mitzuwirken. Denn nicht zuletzt geht es in PE darum, wie im Energiesektor Emissionen vermieden werden können. Mehr zu Schlagwörtern wie Dekarbonisierung, geothermale Energie oder die Speicherung überschüssiger erneuerbarer Energie erfährt ihr in unserem neuen StudyVIEWS-Beitrag.

Herr Prof. Ott, erzählen Sie uns doch über Ihren schulischen Werdegang, Ihre Studienwahl und wie es Sie auf die Montanuniversität verschlagen hat.
Na ja, ich bin nicht gerade ein Paradebeispiel einer glatten Ausbildung: Nachdem ich eine Berufsausbildung abgeschlossen und schon einige Zeit als Werkzeugmacher gearbeitet habe, habe ich Abitur gemacht und Physik studiert. In der Physik habe ich auch promoviert. Zu Petroleum Engineering (PE) bin ich erst in meinem späteren Berufsleben gestoßen und konnte während meiner industriellen Tätigkeit in den Angewandten Geowissenschaften habilitieren. Vielleicht sollte ich eher erzählen weshalb ich heute PE studieren würde: Alles deutet darauf hin, dass wir weltweit auch noch im nächsten Jahrhundert Öl und Gas benötigen werden, und das ist aus vielerlei Gründen ein Problem und allem voran für das Klima. Deshalb habe ich mich entschlossen, im Bereich PE zu arbeiten, weil ich damit an der Bewältigung einer unserer größten gesellschaftlichen Herausforderungen arbeiten kann – in meinem Fall war und ist das die Dekarbonisierung fossiler Energien – denken Sie mal darüber nach! 

Was ist für Sie persönlich "außergewöhnlich" an der Montanuniversität Leoben?
Ich persönlich mag den engen Kontakt zu den Studierenden und unter den Fachbereichen, was an sehr großen Universitäten – wie meiner Alma Mater – so nicht gegeben ist. Was die MUL in meinen Augen speziell macht, ist die Möglichkeit hochrelevante Fächer studieren zu können, die kaum an anderen Universitäten angeboten werden – Studierenden könne sich somit ein einzigartiges Profil verschaffen.  

Erklären Sie in einem Satz das Studium "Petroleum Engineering".
In einem Satz wird das schwer gehen! Historisch geht es natürlich um die Gewinnung von Öl und Gas. Das ist auch heute noch Thema, da wir mehr fossile Energieträger den je verbrauchen und das auch noch über viele Jahrzehnte anhalten wird. Das moderne PE befasst sich mit diesem Problem – dabei geht es um essentielle Fragen wie Versorgungssicherheit bei gleichzeitiger Dekarbonisierung fossiler Energieträger, also wie können wir CO2-Emissionen während der Produktion und Verbrennung vermeiden. Auch erneuerbare Energien spielen bei uns eine wachsende Rolle. Die großtechnische Speicherung überschüssiger erneuerbarer Energie in Form von Wasserstoff oder geothermale Energie sind Beispiele, an denen wir arbeiten und die wir unterrichten. Jetzt habe ich doch mehr als einen Satz gebraucht …     

Worum geht es im Bachelorstudium?
Im Bachelorstudium geht es primär um eine solide und breite wissenschaftliche und ingenieurstechnische Ausbildung. Das ist eine Grundvoraussetzung, um multidisziplinäre Studiengänge wie PE anzugehen. Bei uns spielen Disziplinen, wie Physik, Geowissenschaften, Werkstoffe und Mechanik eine zentrale Rolle. Später kommen dann die PE-spezifischen Fächer verstärkt dazu. Da lernen Studierende dann z. B. wie man Lagerstätten in Kilometer Tiefe mittels Tiefbohrtechnik erschließen kann und wie man Fluidströmungen in diesen tiefen Gesteinsschichten berechnen kann.  

Welche Interessen sollten zukünftige Studierende für dieses Studium mitbringen?
Zunächst sollte der Spaß an Naturwissenschaft und Technik und deren Anwendung im Vordergrund stehen – das erleichtert das Studium natürlich enorm. Des weiteren sollten Studierende Interesse an nachhaltiger und sicherer Energieversorgung haben. Auch spielen fremde Kulturen eine wichtige Rolle und man sollte sich mit anderen Kulturen auseinandersetzen wollen, da das Arbeitsumfeld im Petroleum Engineering sehr international ist. Die Fachspezifischen Lehrveranstaltungen finden deshalb auch auf Englisch statt – aber keine Bange, da wächst man rein.    

Worum geht es im Masterstudium bzw. welche Spezialisierungen gibt es?
Nach dem eher breiten Bachelorstudium spezialisiert man sich im Master und geht in die Tiefe. Dabei kann man sich technologisch oder thematisch orientieren. Man kann z. B. eine Disziplin wählen, wobei wir an der Montanuniversität die Bereiche Tiefbohrtechnik, Produktionstechnik oder Reservoir Engineering anbieten. Die Disziplinen finden breite Anwendung – also egal, ob in der Produktion von Öl und Gas, in der Erdwärme oder der CO2 und Energiespeicherung. Studierende haben auch die Möglichkeit, z. B. einen Schwerpunkt Geothermie oder einen wirtschaftlichen Schwerpunkt zu setzen und dabei technologisch breiter zu bleiben. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit eines dualen Studiums in Verbindung mit anderen renommierten Universitäten in Russland und den USA mit thematisch verschiedenen Schwerpunkten.      

Wie kann man mit dieser Studienrichtung "die Welt retten"?
In PE geht es primär um Rohstoffe, Energie und Versorgungssicherheit. Nicht zuletzt stellen wir uns aber die Frage, wie Emissionen im Energiesektor, wie auch in anderen Industrien vermieden werden können. Das ist eine der großen gesellschaftlichen Aufgaben – PE hat dabei jede Menge Potential „die Welt zu retten“!  

Welche Berufsfelder stehen Absolvent*innen nach dem Studium offen?
Neben der klassischen Öl- und Gasindustrie erschließen sich PE Absolventen*innen Möglichkeiten im gesamten Energiesektor und in der nachhaltigen Nutzung des Untergrunds in Bezug auf Energie und Rohstoffe. In meinen Augen sind die potentiellen Betätigungsfelder unserer Absolvent*innen so reichhaltig wie deren Interessen und deren Selbstvertrauen.

Zu guter Letzt: Welche drei Ratschläge würden Sie Studienanfänger*innen mitgeben?
Die Grundlagenfächer von Anfang an ernst zu nehmen, auch wenn es noch nicht klar ist, wofür man das Erlernte später gebrauchen kann. Mein Gefühl ist, dass wenn man das Studium von Anfang an aktiv angeht, tut man sich auf lange Sicht leichter und hat mehr Spaß am Studium und dem Drumherum.
Man sollte nie müde werden nachzufragen, zu hinterfragen und zu diskutieren – Kommunikation ist wichtig und hilft sich zu entwickeln.
Immer locker bleiben ?  


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