Leobener Geowissenschafter forschen in Ephesos

Wissenschafter der Montanuniversität Leoben untersuchen Baustoffe der antiken Fundstätte in Ephesos.

Mörtel, Verputze und Farbauflagen aus dem Hanghaus II der Ausgrabungen in Ephesos (Türkei) untersuchen seit etwa einem Jahr Leobener Geowissenschaftler. Die Arbeiten finden im Rahmen eines Projektes der Österreichischen Nationalbank statt ("Chronologie der Wandausstattung im Hanghaus II, Ephesos - Analyse der Baustoffe"). Projektleiter ist Prof. Dr. Walter Prochaska vom Institut für Geowissenschaften der Montanuniversität, im Rahmen ihrer Diplomarbeit arbeitet Eva-Maria Maurer mit. Maßgeblich am Projekt beteiligt ist Prof. Dr. Johannes Weber von der Universität für Angewandte Kunst in Wien.

Komplexe Fundsituation 

"Naturwissenschaftliche Untersuchungsmethoden finden", so Prochaska, "ihren Einsatzbereich in zunehmendem Maß auch in den archäologischen Wissenschaften. In diesem Projekt werden Materialproben aus dem Hanghaus II der Ausgrabungen von Ephesos untersucht, die seit Jahrzehnten unter der bewährten Führung des Österreichischen Archäologischen Institutes sehr erfolgreich durchgeführt werden." Das Schmuckstück dieser Ausgrabungen ist das Hanghaus II, eine städtische Wohnanlage aus der Kaiserzeit, die zwischen 1963 und 1984 ausgegraben wurde. Dieses wichtige Denkmal unter den römischen Wohnbauten der östlichen Reichshälfte erlebte verschiedene Umbauphasen, bis eine Erdbebenserie in den Jahren 260 bis 270 der ephesischen Blütezeit ein Ende setzte. Die Wohnnutzung wurde zumindest im ursprünglichen Raumkontext bzw. auf dem zugehörigen Bodenniveau nie wieder hergestellt. Das Hanghaus II bewahrte daher nicht nur eine einmalig komplexe Fundsituation des Inventars, sondern auch große Teile seiner Ausstattung mit Wandmalereien. 

In den derzeit laufenden archäologischen Forschungsprojekten gelang es, hauptsächlich mit kulturhistorischen Methoden vier Bauphasen zu erarbeiten, die zudem intern wie extern bedingte Nutzungskonditionen (etwa veränderte Besitzverhältnisse oder Erdbebenzerstörungen) bestimmen lassen. Bei der nun vorliegenden Chronologie greifen alle archäologischen Forschungsmethoden von der Bauforschung über die Keramik- und Münzbearbeitung bis zur Auswertung von Graffiti und der kunsthistorischen Beurteilung der Malereien ineinander. Die gut gesicherten Chronologie wird im Rahmen dieses Projektes durch materialwissenschaftliche Studien ergänzt und auch überprüft. Diese Erkenntnisse können dann auf die anderen, zur Zeit noch nicht so gut dokumentierten Wohneinheiten des Hanghauses II ausgeweitet werden.

Mikrochemische Analysen 

Zum Einsatz gelangen geowissenschaftliche Standardmethoden, die an die vorliegenden Materialien angepasst werden mussten. In erster Linie kommt eine mikroskopische Charakterisierung von Mörtelproben im Originalverband mittels Dünn- und Anschliffen zum Einsatz. Dadurch ist es möglich, neben einer quantitativen mineralogischen Zusammensetzung von Komponenten und Bindemitteln besonders auch das mikroskopische Gefüge in die Untersuchung mit einzubeziehen. Ergänzt werden diese Untersuchungen durch mikrochemische Analysen (Rasterelektronenmikroskopie bzw. energie- und wellenlängendispersive Mikrosonde). An die Stelle einer nicht eindeutig zuordenbaren Pauschalanalyse tritt hier die punktgenaue und phasenbezogene Mikroanalyse. 

"Dieses Projekt", resümiert Prochaska, "stellt einerseits eine naturwissenschaftliche Überprüfung der archäologisch-kunsthistorischen Ergebnisse dar, andererseits ermöglicht die hier so glücklich erhaltene Fundsituation eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit dem Aussagepotenzial der eigenen Methodik." 

Weitere Informationen: 

Prof. Dr. Walter Prochaska, Institut für Geowissenschaften, Tel. 03842 402-6113, E-Mail: walter.prochaska@unileoben.ac.at 

 


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